Alois Metz, Ina Stankovic und Thomas Habegger v.l.n.r. Seelsorge-Team der Klinik Zugersee Alois Metz, Seelsorger Klinik Zugersee Ina Stankovic, Seelsorgerin Klinik Zugersee Thomas Habegger, Seelsorger Klinik Zugersee Prof. Dr. med. Michael Rufer, Chefarzt Klinik Zugersee
Seelsorge in der Klinik Zugersee Bereits 1984 forderte die Weltgesundheitsorganisation, die spirituelle Dimension in alle Bereiche der Gesundheitsversorgung zu integrieren und somit auch in die Psychiatrie. Aus Sicht von Prof. Dr. med. Michael Rufer, Chefarzt der Klinik Zugersee, geht es bei spirituellen und existenziellen Fragen darum, was einen Menschen im Leben verankert, inspiriert und mit Sinn erfüllt. So werden spirituelle Aspekte in verschiedensten Behandlungssituationen aufgegriffen.Das Seelsorge-Team der Klinik Zugersee bietet mit Gesprächen, Ritualen, Gebeten und Meditationen der Auseinandersetzung mit der eignen Spiritualität besondere Aufmerksamkeit. Ina Stankovic, Alois Metz und Thomas Habegger nehmen sich Zeit für alle Patientinnen und Patienten, egal welcher Konfession. Sie führen Gespräche, ohne sich dabei nur auf die psychische Erkrankung zu fokussieren. Viele erleben diese Gespräche als wertvoll und sind sehr dankbar. «Oft können dadurch spirituelle Saiten im Mensch Töne und Melodien zum Klingen bringen – vergessen geglaubte oder ganz neu belebende», erklärt Ina Stankovic.Thomas Habegger, was verstehen Sie unter Spiritualität? «Spiritualität weist darauf hin, dass mit dem göttlichen Geist zu rechnen ist - innerhalb oder ausserhalb der Klinik, in jeder Begegnung, in jedem Gespräch. Seelsorge ist in dem Sinn weniger eine "Sprechdisziplin" als eher ein "Hören-vermögen", denn die Sprache verstummt mitunter in Gesprächen. Der Geist-Hauch lässt auf Augenhöhe gegenübertreten.»Michael Rufer, weshalb ist aus Ihrer Sicht die spirituelle Dimension in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung wichtig? «Psychische Erkrankungen können Betroffene und ihre Angehörige stark verunsichern und belasten. Viele unserer Patientinnen und Patienten stellen sich im Zusammenhang mit ihrem psychischen Leiden Fragen zu ihrer Identität, dem Lebenssinn oder der Bedeutung ihres schmerzlichen Erlebens. Solche Themen in die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung zu integrieren kann sehr wichtig für den Umgang mit einer psychischen Erkrankung sein. Auf diese Weise werden die betroffene Person und ihr Umfeld in ihrer Gesamtheit wahrgenommen, was der Komplexität psychischer Erkrankungen entspricht.»Michael Rufer, wo liegen die Grenzen der Spiritualität bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen? «Zum einen spielen spirituelle Themen nur bei einem Teil der Patientinnen und Patienten eine Rolle. Zum anderen möchten manche Patientinnen und Patienten nicht, dass diese Themen in die Behandlung einbezogen werden. Wichtig ist zudem, dass Spiritualität und Religiosität nicht generell günstig für die Behandlung sind. Sie können auch belastend sein, wenn sie zum Beispiel als einengend empfunden werden oder Schuldgefühle verursachen. Die psychische Gesundheit kann durch sie auch beeinträchtigt werden, wenn beispielsweise Symptome als Strafe Gottes oder Folge einer vermeintlichen Versündigung angesehen werden. In der Behandlung sollten Therapeutinnen und Therapeuten dementsprechend sensibel für die individuelle Bedeutung spiritueller und existenzieller Themen sein.»Alois Metz, stossen Sie mit dem Angebot der Seelsorge auch auf Kritik? «Oft sind es die Konfessionen, die hinderlich sind: "Ich glaube an etwas, aber nicht an ihren Gott" Im Gespräch merken wir aber oft, dass es sich um eine Engführung des Gottesbegriffes handelt. Daraus entstehen nicht selten sehr spannende Begegnungen. Plötzlich darf es wieder einen Gott im Leben geben.»Michael Rufer, wirkt die Spiritualität präventiv für psychische Erkrankungen? «Eine wichtige Frage, die aber schwierig zu beantworten ist. Ein solcher Zusammenhang ist zumindest plausibel, denn die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung betrachtet Spiritualität und Religiosität als wesentlich für den Umgang mit schwierigen Lebenssituationen. Es bestehen auch Zusammenhänge von Spiritualität und Religiosität mit der als Resilienz bezeichneten Fähigkeit, psychische Gesundheit trotz erheblicher Belastungen aufrechtzuerhalten oder wiederzugewinnen. Wir wissen jedoch noch zu wenig darüber, um klare Aussagen machen zu können.»